Ein "Hamsterhotel" mit Luzerne, Blühstreifen, Getreidestreifen sowie "Rebhuhnressort"

Regierungspräsidium Darmstadt

Flurprojekt soll Feldhamster und Rebhuhn in Rheinauen schützen

In den vergangenen Jahrzehnten ist die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft dramatisch zurückgegangen. Um dem Verlust der Biodiversität entgegenzuwirken, konzipierte das Hessische Umweltministerium 2018 das Sonderprogramm „Förderung von Leitarten der Feldflur“.

In landesweit zehn Schwerpunkträumen sollen wirksame Maßnahmenkonzepte entwickelt werden, die den Artenrückgang in der Feldflur aufhalten und die Erhaltungszustände der wertgebenden Arten verbessern. Sechs davon befinden sich im Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Darmstadt.

In den „Rheinauen bei Trebur“ erfolgt die Förderung seit 2019, wobei das Regierungspräsidium mit dem Landkreis Darmstadt-Dieburg zusammenarbeitet und die örtliche Jägerschaft Daten über Rebhuhnbestände zur Verfügung stellte. Das 6800 Hektar große Projektgebiet befindet sich schwerpunktmäßig in der Agrarlandschaft um die Großgemeinde Trebur, umfasst aber auch Teile weiterer Gemarkungen im Kreis Groß-Gerau. Ein kleiner, eigenständiger Flächenanteil befindet sich weiter südlich zwischen Pfungstadt und Riedstadt (Landkreis Darmstadt-Dieburg).

In enger Zusammenarbeit mit Landwirtschafsbetrieben werden Maßnahmen zum Schutz von Leitarten der Feldflur wie Feldhamster, Rebhuhn, Grauammer und Haubenlerche umgesetzt. Die Haubenlerche gehört zu den seltensten Brutvögeln der Agrarlandschaft und weist nur noch knapp 30 Brutpaare in Hessen auf. Ihr kommt daher in dem Projektgebiet eine besondere Rolle zu. Indem verschiedene Blühstreifenmodelle angelegt werden, sollen Nahrungsressourcen und Brutplätze bereitgestellt sowie eine Vernetzung der meist isolierten Populationen ermöglicht werden. Von den Maßnahmen profitieren auch eine Vielzahl weiterer Tier- und Pflanzenarten.

Grundlage sind die Artenhilfskonzepte der Staatlichen Vogelschutzwarte Frankfurt sowie des Hessischen Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie. Zusätzlich werden weitere, neue Maßnahmen im Agrarsektor erprobt, wobei die Betriebe eigene Ideen einfließen lassen.

Ein beliebtes Blühstreifenmodell ist unter anderem das sogenannte Rebhuhnressort. Durch eine angepasste Saatgutmischung und eine jährlich anteilige Neueinsaat sollen für Rebhühner und andere bodenbrütende Vogelarten verschiedenste Vegetationsmuster geschaffen werden, die als Brut- und Deckungsfläche dienen. Nicht geernteten Getreidestreifen als zusätzliche Strukturelemente und Futterquelle können die Flächen weiter aufwerten. Von diesen Blühstreifenmodellen profitieren auch Grauammer und Haubenlerche, die hochwüchsige Blütenpflanzen wie Sonnenblumen als Sing- und Ansitzwarten brauchen – beide Vogelarten besitzen ihren Verbreitungsschwerpunkt im Landkreis Groß-Gerau.

Das „Hamsterhotel“ ist ein mehrjähriges Blühstreifenmodell, das auf die Ansprüche des Feldhamsters abgestimmt ist. Blüh-, Luzerne- und Getreidestreifen sorgen für ein ausreichend diverses Nahrungsangebot bei gleichzeitig hohem Deckungsschutz gegen Beutegreifer.

Die verschiedenen Artenschutzmaßnahmen fanden bereits zum Projektstart im Sommer 2019 großen Anklang bei der Landwirtschaft: Durch 17 Landwirtschaftsbetriebe wurden 85 Flächen mit insgesamt rund 35 Hektar angelegt. 2020 nahmen bereits fast 30 Landwirte an dem Artenschutzprojekt teil und legten 150 hochwertige Biotope auf fast 110 Hektar an.

Für ihre Maßnahmen zum Arten und Biotopschutz erhielten die Landwirte insgesamt Fördermittel in Höhe von 115.000 Euro vom Land Hessen. Durch geeignete Fördersätze soll den Landwirten ermöglicht werden, sich dauerhaft für den Natur- und Artenschutz einzusetzen. Mit Hilfe des Hessischen Programms für Agrarumwelt- und Landschaftspflege-Maßnahmen (HALM) konnte ein Großteil der Flächen über eine fünfjährige Vereinbarung mit den Landwirten gesichert werden.

Ein Höhepunkt des Projekts war die erste hessische Auswilderung von 25 Feldhamstern zwischen Pfungstadt und Riedstadt im vergangenen Jahr. Die Tiere waren im Opel-Zoo und im Frankfurter Zoo gezüchtet worden. Erste Erfolge in Form von Junghamstern konnten bereits im Spätsommer auf der Fläche gesichtet werden. Weitere Tiere sollen in diesem Jahr ausgewildert werden.

Ergänzend arbeiten die Feldflurprojekte „Rheinauen bei Trebur“ und „Main-Kinzig-Kreis West“ bei der Förderung von Wildbienen zusammen. Übergeordnetes Ziel ist, ein Netzwerk aus verschiedenen Akteuren zum Wildbienenschutz zu bilden und letztlich die gewonnenen Erkenntnisse zur Weiterentwicklung und Ergänzung der bestehenden Förderprogramme zu verwenden.

Auch der neugegründete Landschaftspflegeverband Groß-Gerau soll die Kooperationspartner beim Feldflurprojekt „Rheinauen bei Trebur“ unterstützen. In dem vom Regierungspräsidium Darmstadt erarbeiten Arbeits- und Maßnahmenprogramm steht insbesondere die naturschutzfachliche Heckenpflege im Fokus. Denn hochgewachsene Hecken werden von vielen Offenlandarten wie Kiebitz, Rebhuhn, Haubenlerche und Grauammer aufgrund der erhöhten Gefahr durch Greif- und Rabenvögel gemieden. Auch die Pflege und Aufwertung von Feldrainen, Gräben und Streuobstbeständen stellt einen Arbeitsschwerpunkt dar. Um dieses Arbeits- und Maßnahmenprogramm zu bewältigen, fördert das Regierungspräsidium den Verband mit 150.000 Euro.

Bei den weiteren Schwerpunkträumen im Regierungsbezirk Darmstadt handelt es sich um die Feldflurprojekte Wiesbaden Ost, Hochtaunuskreis, Main-Kinzig-Kreis und Wetterau. 2021 ist außerdem der Projektstart für das Feldflurprojekt Frankfurt geplant.

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