Ein Mann steht vor einer weißen Wand, auf der eine Präsentation projiziert wird. Er hält ein Mikrofon in der Hand und spricht.

Regierungspräsidium Darmstadt

Aktuelle Themen aus der Arbeitsmedizin im Blick

Wiesbaden. Rund 70 Betriebsärztinnen und Betriebsärzte aus ganz Hessen haben an der jährlichen arbeitsmedizinischen Fortbildungsveranstaltung des Landesgewerbearztes Hessen (LGA) teilgenommen. Regierungspräsident Prof. Dr. Jan Hilligardt begrüßte die Gäste in den Räumlichkeiten des Fachzentrums für medizinischen Arbeitsschutz des Regierungspräsidiums (RP) Darmstadt am Standort Wiesbaden. Unter der wissenschaftlichen Leitung und Moderation von Landesgewerbeärztin Dr. Gabriela Petereit-Haack (Master of Public Health) erhielten die Teilnehmenden umfassende Informationen zu aktuellen Entwicklungen in der Arbeitsmedizin.

Unter anderem ging es um Themen wie „Mutterschutz und Stillen“, „Digitale Arbeitsmedizinische Vorsorge“ und die „Herausforderungen in der Arbeitsmedizin durch Cannabis“. Als externer Referent eröffnete Prof. Dr. Dr. David A. Groneberg, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin an der Goethe Universität Frankfurt am Main, den Vortragsreigen mit dem Thema „Vom Partikel zum Aerosol und wieder zurück: Pandemie-bedingte Schnittstellen zwischen Arbeitsmedizin und Umweltmedizin“. In einem vom Hessischen Sozialministerium finanzierten Projekt führt er angewandte wissenschaftliche Forschungen zu Partikeln durch. Aktuell geht es zum Beispiel um die gesundheitliche Gefährdung durch Passivrauchen oder die gesundheitsgefährdende Bleibelastung durch Schusswaffengebrauch bei Polizisten. Neben Messungen an Arbeitsplätzen führt der Experte aufwendige Laborversuche durch, bei denen mit Puppenmodellen die menschliche Exposition gemessen wird.

Dr. Gabriela Petereit-Haack informierte über Neuigkeiten aus dem Ausschuss für Arbeitsmedizin beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales und aus dem Ärztlichen Sachverständigen-Beirat für Berufskrankheiten (ÄSVB). Als Mitglied dieser Gremien legt sie großen Wert darauf, die Inhalte transparent in Hessen aufzuzeigen und gleichzeitig Anregungen aus Hessen in diese Gremien miteinzutragen. So wurde eine neue arbeitsmedizinische Regel zur Digitalen Vorsorge verabschiedet. Darin wird festgelegt, dass beispielsweise die erste Vorsorge stets in Präsenz erfolgen muss. Telemedizinische Methodiken können angewendet werden, der Datenschutz und die ärztliche Schweigepflicht bleiben aber unangetastet. Ferner führte die Expertin aus, dass weitere Regeln und Empfehlungen zur Digitalisierung in der Arbeitsmedizin anstehen, über die sie im kommenden Jahr ausführlich informieren wird.

Ein Mann steht vor einer weißen Wand, auf der eine Präsentation projiziert wird. Er hält ein Mikrofon in der Hand und spricht.

Im ÄSVB wird inzwischen neben der posttraumatischen Belastungsstörung auch die Depression in besonders belastenden Berufen als mögliche Berufskrankheit geprüft. Seit 2025 gelten zudem neue Berufskrankheiten, darunter die „Gonarthrose bei professionellen Fußballspielerinnen und Fußballspielern“ sowie die „Parkinson-Krankheit durch Pestizide“.

In den jeweiligen Workshops wurden verschiedene Themen der Tagung vertieft und diskutiert.

Unter dem Thema „Silikose“ stellte Gewerbeärztin Dr. Luminita Cerviș unter anderem die neue SK-2-Leitlinie „Diagnostik und Begutachtung der Berufskrankheit BK 4101 (Silikose)“ vor. Im Workshop konnten die Betriebsärztinnen und Betriebsärzte ihre eigenen Erfahrungen im Umgang mit Stäuben bei vielfältigen Tätigkeiten berichten. Die Referentin beleuchtete den Umstand, dass für die Anerkennung dieser Berufskrankheit fachliche Kenntnisse in der Pulmonologie und ein scharfer gewerbeärztlicher Blick nötig sind.

Gewerbearzt Waldemar Witulla beleuchtete in seinem Vortrag „Herausforderungen in der Arbeitsmedizin durch Cannabis“ verschiedene Bereiche der therapeutischen Anwendung von Cannabis, wie sich dies auf die Arbeitsfähigkeit auswirkt und was es für die betriebsärztliche Betreuung bedeutet.

Elke Ball, die seit Sommer dieses Jahres den LGA als neue Gewerbeärztin verstärkt, bearbeitete in ihrem Workshop das Thema „Neufassung DGUV Vorschrift 2“. Dabei ging sie auf verschiedene Neuerungen ein, wie Fortbildungsverpflichtungen für Betriebsärztinnen und Betriebsärzte, und auf grundlegende Fragen zur Bestellung eines Betriebsarztes, zur Berichtspflicht, zu Fragen der Zusammenarbeit mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit oder auch zur Organisation der arbeitsmedizinischen Vorsorge.

Im vierten Workshop vertiefte Dr. Gabriela Petereit-Haack die Themen „Mutterschutz und Stillen“ und „Digitale Vorsorge“. Im Fokus stand insbesondere die Diskussion um das Beschäftigungsverbot in der Stillzeit. Übereinstimmend hielten die Teilnehmenden fest, dass in Bezug auf Biostoffe ein Beschäftigungsverbot nur äußerst selten ausgesprochen werden kann.

Nach fünf Stunden intensiven Austauschs zog Dr. Petereit-Haack ein positives Fazit. Sie dankte ihrem Team für die Organisation sowie den teilnehmenden Betriebsärztinnen und Betriebsärzten für ihr Engagement: „Durch ihre Arbeit tragen sie maßgeblich dazu bei, den Beschäftigten in Hessen sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu ermöglichen.“

Das Team des Landesgewerbearztes Hessen steht Betrieben und Ärztinnen sowie Ärzten für Beratungen per Telefon und E-Mail zur Verfügung.