Online-Shopping hat viele Vorteile: Es geht schnell, die Auswahl ist größer und vor allem seit Ausbruch der Corona-Pandemie muss man sich nicht fragen, ob das Geschäft geöffnet hat und welche Schutzmaßnahmen dort gelten. Diesen Trend gibt es natürlich auch im Bereich der E-Liquids, welche gerne über das Internet im In- und Ausland gekauft werden. Dabei haben neben den nikotinhaltigen E-Liquid-Fertigmischungen unterschiedlicher Geschmacksrichtung die sogenannten Longfills immer mehr an Beliebtheit gewonnen.
Longfills sind große Liquidflaschen, die nur zu einem kleinen Teil mit einem Aromakonzentrat befüllt sind. Der Konsument füllt diese Flasche selbst mit den zwei weiteren Komponenten, dem „Nikotinshot“ und einer Basenlösung, auf. Vorteil von dieser Dreikomponentenstrategie ist, dass die nikotinhaltigen Bestandteile, im Unterschied zu allen nikotinfreien, bisher anderen Registrierungspflichten unterlagen und dementsprechend zusätzliche Kosten erzeugten. Konkret konnte man für unterschiedliche Geschmacksrichtungen immer die gleiche Nikotinkomponente nutzen, die dann nur ein einziges Mal den Registrierungspflichten unterlag. Dies hat sich aber durch die neuen tabakrechtlichen Registrierungspflichten im Laufe dieses Jahres verändert. Nun unterliegen die nicht-nikotinhaltigen Komponenten für die selbst zu mischenden E-Liquids neuen Registrierungspflichten und die Dreikomponentenstrategie verliert den Anreiz.
Im Internet gibt es eine Vielzahl an Longfill-Aromakonzentraten unterschiedlichster Geschmacksrichtungen mit teilweise zweifelhaften Bezeichnungen wie „Mothers Milk“, um aus der Masse hervorzustechen. Viele dieser Konzentrate ließen sich bis Ende 2020 recht einfach in Online-Shops in Großbritannien bestellen und wurden von dort nach Deutschland versandt. Mit Beginn des Jahres 2021 trat der Brexit und seine Folgen für die Wirtschaft und den Handel in Kraft. Großbritannien zählt nun als EU-Ausland und Warenlieferungen von dort werden dementsprechend durch den Zoll kontrolliert.
Im ersten Halbjahr stieg die Anzahl der Verdachtsmitteilungen zu kennzeichnungspflichtigen Gefahrstoffen, die der Zoll am Frankfurter Flughafen und dem Frankfurter Osthafen der zuständigen Marktüberwachungsbehörde für Chemikaliensicherheit beim Regierungspräsidium (RP) Darmstadt übermittelt hatte, sprunghaft an. Der Anteil der E‑Liquids an den angezeigten Produkten mit möglicherweise nicht korrekter Kennzeichnung lag bei über 40 Prozent. Dies entspricht einer Verfünfzehnfachung im Vergleich zum Vorjahr.
Der Grund dafür ist, dass die Gefahrstoffe bei der Einfuhr in die EU chemikalienrechtlich einwandfrei und in deutscher Sprache gekennzeichnet sein müssen. Diese Tatsache war aber vielen britischen Onlinehändlern offenbar nicht bekannt oder wurde von ihnen ignoriert. Die angezeigten nikotinhaltigen wie nikotinfreien Komponenten waren generell nicht in Deutsch und oft auch chemikalienrechtlich nicht ausreichend gekennzeichnet. Bei den Aromakonzentraten kommt noch hinzu, dass kaum Informationen zu den möglicherweise sensibilisierenden Inhaltsstoffen vorliegen, diese aber erfahrungsgemäß oft einstufungs- und kennzeichnungspflichtig sind. Die angezeigten Produkte erhielten fast ausschließlich keine Freigabe für das Inverkehrbringen seitens der Marktüberwachungsbehörde.
Durch die Änderungen der tabakrechtlichen Registrierungsvorschriften, die seit 2021 gelten, und der damit einhergehenden Gleichsetzung von nikotinhaltigen und nikotinfreien Liquids, wie beispielsweise den Aromakonzentraten, wird es zu einer drastischen Verkleinerung des Sortiments kommen. Diese Verkleinerung des Sortiments lässt hoffen, dass die Hersteller und Händler ihre verbleibenden Produkte ausreichend kennzeichnen, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Europäischen Union nicht weiter vergebens auf ihre bestellte Ware warten müssen.